Gutes tun und dafür Gutes erhalten. Diesen Gedanken hatten die beiden Absolventen Sebastian Schulz und Milan Wolfs und haben daraus im Februar 2016 das Unternehmen Wertewandel geschaffen, das Ende 2017 mit einem Bonusprogramm für Nachhaltigkeit an den Markt ging. Zuvor hatten sie zusammen an der Alanus Hochschule in Nordrhein-Westfalen Betriebswirtschaftslehre studiert.
Momentan hat Wertewandel fast 10.000 User und zahlreiche Partner. Wir haben mit dem Gründer und Geschäftsführer Sebastian Schulz über die Anfänge und Zukunftsaussichten von Wertewandel gesprochen.
Hallo Herr Schulz. Mal kurz erklärt: Wie funktioniert Wertewandel?
Wertewandel ist in seiner Funktionsweise vergleichbar mit konventionellen Bonusprogrammen wie man sie kennt: Man kauft ein und wird für den Einkauf belohnt. Wir bringen da jedoch noch eine qualitative Komponente hinein, indem wir schauen was gekauft wird und dann den Kauf von nachhaltigen Produkten von unseren Partnerunternehmen belohnen. Dadurch sammelt man Bonuspunkte, sogenannte Werte, welche man dann für nachhaltige Produkte oder Prämien eintauschen oder für einen guten Zweck spenden kann.
Das Ganze funktioniert über eine App. Man fotografiert den Kassenbon und die App erkennt die nachhaltigen Produkte und verrechnet dann die entsprechenden Werte.
Das ermöglicht uns eine Belohnung von Einkäufen unabhängig der Einkaufsstätte. Bei bestehenden Bonusprogrammen ist es in der Regel so, dass man für den Einkauf bei bestimmten Händlern belohnt wird, bei uns wird man im ersten Schritt für den Einkauf bestimmter Marken belohnt.
Was kann man mit der App sonst noch machen, außer Punkte sammeln?
Sowohl über unsere App, als auch unsere Website kann man sich einerseits ganz klassisch darüber informieren, welche Unternehmen mitmachen, welche Produkte es gibt, deren Inhaltsstoffe und die entsprechenden Siegel.
Des Weiteren kann man auch unsere Online-Shop-Partner und Dienstleister, wie zum Beispiel die GreenLine Hotels, kennenlernen und über deren Website durch Einkäufe und Buchungen Werte sammeln.
In Zukunft wollen wir noch im Bereich „Scoring“ einsteigen. Beispielsweise die Einführung eines Fußabdrucks der zeigt, wie nachhaltig der Einkauf ist. Außerdem planen wir die Einführung von Community- und Spielfunktionen, um die App noch lebendiger und attraktiver zu machen.
Wie ist diese Idee für Wertewandel entstanden?
Auf die Idee bin ich während meines dualen Studiums bei dm-drogerie markt gekommen, wo man an dem noch erfolgreichsten deutschen Bonusprogramm nicht vorbeikommt. Als ich mich näher damit beschäftigt habe und aufgrund meiner Hochschule und meines Studiums für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert war, habe ich eins und eins zusammengezählt und mir gedacht, dass das ideal funktioniert um den Kauf bestimmter Produkte oder Warengruppen anzuregen.
Dadurch würde nachhaltiges Verhalten belohnt und statt gedankenlosen Konsums ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit geschaffen werden.
Gab es am Anfang Schwierigkeiten oder Hürden die es zu überwinden galt?
Auf jeden Fall. Gerade wenn man aus der Uni kommt ist man etwas naiver und geht die Sachen etwas theoretischer an. Wenn man sich dann die Handelslandschaft in Deutschland anschaut, merkt man schnell, dass das doch alles ein bisschen komplexer und komplizierter ist.
Ursprünglich hatten wir auch eine Kundenkarte geplant, die an der Kasse vorgezeigt wird und direkt dort die Werte verrechnet. Da gab es jedoch einerseits technische Hürden aufgrund der unterschiedlichen Kassensysteme, andererseits wollten die Händler uns verständlicherweise auch nicht ohne Weiteres einen Zugriff auf deren Kassensystem gewähren, sodass wir uns dazu entschieden haben auf eine App umzustellen und direkt an den Hersteller zu gehen.
Nach welchen Kriterien wählen Sie ihre Kooperationspartner?
Am Anfang hatten wir sehr, sehr strenge Ansprüche. Da haben wir dann aber schnell gemerkt, dass die wenigsten diese erfüllen können und dass der Hebel dann einfach zu klein ist.
Daraufhin haben wir uns die Frage gestellt: „Was ist eigentlich der Wertewandel?“. Der Wertewandel ist ein Prozess und da zählt bereits, wenn man beispielsweise als Otto Normalverbraucher öfters mal zu Produkten mit EU-Biosiegel statt zu konventionellen Produkten greift. Das ist dann ja schon eine positive Veränderung.
Dann haben wir beschlossen, dass wir uns zunächst auf die etabliertesten Umwelt- und Sozialsiegel stützen, beginnend schon mit dem EU- und dem deutschen Biosiegel über Fairtrade bis hin zu Demeter oder, im Falle der GreenLine Hotels, auf das GreenSign-Zertifikat. Wir wollen jeden Verbraucher abholen, an die Hand nehmen und auf seinem persönlichen Weg zu einem nachhaltigeren Leben begleiten.
Bei Geschäftsmodellen, die sich nicht mit Siegeln und Kriterien abprüfen lassen, schauen wir dann auf die Firmenphilosophie, ganz nach dem Best-in-class Model.
Sie haben gerade gesagt, dass Wertewandel ein Prozess sei. Können Sie das ein bisschen näher erläutern?
Als wir diesen Namen ausgesucht haben, haben wir gemerkt, dass der wirklich wie die Faust aufs Auge passt. Denn es geht ja genau darum einen Wandlungsprozess durchzumachen und ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu entwickeln, hin zu einer aufgeklärteren Gesellschaft, die darauf achtet was sie selbst produziert und konsumiert.
Es geht letztlich darum zu zeigen, dass wenn jeder stärker auf die Auswirkung seines Handelns schaut, ein positiver Wertewandel losgetreten werden kann.
Was haben Sie für die Zukunft noch geplant?
Es ist auf jeden Fall die Skalierung, die so ein Geschäftsmodell auch braucht. Vorhin habe ich gesagt es muss ein Hebel da sein und wir sind der Meinung es bringt nichts die Leute, die ohnehin schon nachhaltig sind zu bekehren, sondern wir wollen viel mehr auf die breite Masse zielen.
Wir sind der Meinung, dass es eine große Masse an Menschen gibt, die sich grundsätzlich für Nachhaltigkeit, zum Beispiel alleine schon aus dem Gesundheitsaspekt, interessiert. Die wollen wir erreichen und für unser Programm gewinnen.
Dementsprechend ist auch die Skalierung das wichtigste Ziel für uns momentan. Wir möchten möglichst viele Partner und Akzeptanzstellen akquirieren und dadurch viele Mitglieder gewinnen.
So kann dann auch wirklich was passieren, denn wenn viele Menschen auch nur ein kleines bisschen mehr machen, kann dadurch sehr viel erreicht werden.
Dafür ist aktuell der Ausbau dieses Hersteller bezogenem Programms im Fokus, sowie online weitere Angebote dazu zunehmen, wie Dienstleistungen, Online-Shops und eben auch kleineren Händlern eine Teilnahme zu ermöglichen.
Das sind momentan unsere Ziele.